Libyen. Europa, du alte Romantikerin

Wiener Zeitung - Von Solmaz Khorsand aus Brüssel

Europas Libyen-Politik fokussiert auf Migrantenabwehr. Einige Bürgermeister wollen den Staat wieder aufbauen

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In Europa fand der Vorschlag Gehör. Im Jänner 2016 wurde die Initiative in der zypriotischen Hauptstadt lanciert. Unter der Schirmherrschaft des EU-Ausschusses der Regionen wurden europäische Partnerstädte gefunden, die sich der sieben libyschen Städte Tripolis, Zintan, Ghariyan, Sebha, Sirte, Benghazi und Tobruk annehmen sollten.

Wir wollen das erste Stück vom Kuchen

“Wir haben die Initiative interessant gefunden, auch als Antwort auf das Migrationsphänomen. Hier können wir außerhalb der EU agieren, nämlich dort, wo die Migration stattfindet und ihren Ursprung hat”, erklärt Franco Iacop. Der Italiener ist Präsident des Regionalrats von Friaul-Julisch Venetien. Im Juni hat er eine libysche Delegation nach Triest eingeladen, um den Kollegen das Einmaleins der Fischerei näherzubringen. Von der Fischzucht über den Fang bis hin zur Zertifizierung für den europäischen Markt sollen die Libyer das nötige Know-how bekommen. Derzeit ist man noch in der Evaluierungsphase. Sobald die Gelder aufgestellt sind, will man mit der Schulung und Implementierung in Libyen beginnen. Man ist optimistisch. Auch wenn die Lage vor Ort nicht unbedingt stabil ist – selbst was die Sicherheit der Partner betrifft. Der Bürgermeister von Ghariyan wurde unmittelbar vor dem Launch der Initiative von einem Scharfschützen in seinem Büro angeschossen, sein Kollege von der Stadt Sirte entführt (und nach zwei Monaten wieder freigelassen).

Wie sehr lässt es sich in einem derartigen Klima kooperieren? Franco Iacop winkt ab. Man habe Vertrauen in die libysche Seite. “Das Wichtigste ist, dass die libysche Bevölkerung vor Ort die Fischerei legal organisieren kann und so autonom wird, um wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen”, sagt Iacop.

Ist das gewährleistet, können die Unternehmer aus seiner Region von dem neuen Markt profitieren. Frei nach dem Motto: Wir helfen euch beim Kuchenbacken, dafür kriegen wir auch das erste Stück.

Und was für ein Stück. Der Wüstenstaat ist reich an Bodenschätzen, unter anderem Erdgas und Erdöl. Außerdem ist Libyen kaum erschlossen. Gaddafi hat das Land 32 Jahre lang isoliert und dabei insbesondere die Infrastruktur vernachlässigt. Es fehlt an allen Ecken und Enden, vom Verkehrsnetz über die Energieversorgung bis hin zur Kanalisation. Eine Goldgrube für jeden Investor.

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